Vom Test zum Tool: Die Potenzialanalyse wird zum Einstiegsinstrument (ESI)

Einstiegsinstrument – Mit der Einführung des Einstiegsinstruments zur Berufsorientierung (ESI) in der Landesinitiative „Kein Abschluss ohne Anschluss“ (KAoA) wird ein grundlegender Wechsel in der schulischen Berufsorientierung vollzogen. Was bisher unter dem Begriff der Potenzialanalyse als standardisiertes Verfahren zur Erfassung individueller Fähigkeiten etabliert war, wird nun zu einem pädagogischen Konzept, das auf Entwicklungsbegleitung, Selbstreflexion und Prozessorientierung setzt.

Doch was genau bedeutet dieser Wandel – und was unterscheidet ein pädagogisches Konzept von einem psychologischen Testverfahren?

1. Vom Messen zum Begleiten: Keine Normierung, sondern Individualisierung

Ein zentrales Merkmal psychologischer Testverfahren ist ihre Standardisierung und Normierung: Ergebnisse werden in Relation zu Vergleichsgruppen gesetzt, was objektive Aussagen über Leistung, Verhalten oder Fähigkeiten ermöglicht. Dies war auch Teil der bisherigen Potenzialanalyse, die beispielsweise Rückschlüsse auf Feinmotorik, räumliches Denken oder Teamverhalten zuließ – oft unabhängig vom individuellen oder sozialen Kontext.

Im ESI steht nicht mehr die Vergleichbarkeit oder objektive Messbarkeit im Mittelpunkt, sondern die Begleitung individueller Lern- und Entwicklungsprozesse. Statt Ergebnisse normiert zu erfassen, wird der Blick auf das persönliche Erleben, die Selbstreflexion und die Auseinandersetzung mit eigenen Stärken und Interessen gerichtet. Das ESI schafft Raum, um auf unterschiedliche Gruppenprozesse, Dynamiken und individuelle Zugänge flexibel einzugehen.

2. Keine „Ergebnisse“ im klassischen Sinn – dafür individuelle Entwicklungspfade

Während die Potenzialanalyse auf vergleichbare Testergebnisse abzielt – in der Vergangenheit in Form eines Berichts und Auswertungsgesprächs – setzt das ESI den Fokus auf die Entwicklungs- und Reflexionsprozesse der individuellen Schüler:innen. In beiden Fällen lernen die SuS etwas über ihre Stärken und Fähigkeiten, und können dieses Wissen mit nach Hause nehmen.

Die Reflexion ersetzt die Bewertung. Es gibt keine richtigen oder falschen Antworten, sondern persönliche Einschätzungen, Beobachtungen und Eindrücke – gesammelt in einem Gruppenprozess, der die Jugendlichen aktiv einbezieht.

3. Paradigmenwechseln in der Beobachtung

Beobachtung spielt weiterhin eine Rolle im ESI. Während Beobachtungen in der Potenzialanalyse als Mittel zur Einordnung und Bewertung dienten, werden sie im Einstiegsinstrument zu Impulsgebers für persönliche Weiterentwicklung: Die Jugendlichen erhalten Feedback zu ihrem eigenen Erleben und Handeln – nicht im Vergleich, sondern im Hinblick auf ihre Potenziale, Interessen und nächsten Schritte.

Beispiel: Während früher etwa Teamfähigkeit anhand festgelegter Verhaltensindikatoren von den Beobachter:innen beurteilt wurde, wird im ESI Fokus darauf gelegt, wie die Jugendlichen sich selbst und ihre Mitschüler:innen im Gruppengeschehen erleben – und was sie daraus für sich mitnehmen. Auch die Begleitperson meldet ihre Beobachtungen, die sie mithilfe eines teilstandardisierten Beobachtungsbogens dokumentiert, zurück. Diese Beobachtungen sind Teil des gemeinsamen Lernprozesses.

Einstiegsinstrument Beobachterin

Fazit: Einstiegsinstrument – Zwei Wege mit unterschiedlichem Fokus – beide mit dem Ziel, junge Menschen zu stärken

Sowohl die bisherige Potenzialanalyse als auch das neue Einstiegsinstrument (ESI) verfolgen ein gemeinsames Ziel: junge Menschen in ihrer Persönlichkeitsentwicklung und Berufsorientierung zu unterstützen. Dabei setzen sie jedoch auf unterschiedliche Wege.

Die Potenzialanalyse brachte mit ihrem standardisierten, diagnostischen Ansatz wichtige Erkenntnisse über individuelle Stärken und Entwicklungsmöglichkeiten. Sie ermöglichte eine objektive Außensicht und lieferte Jugendlichen eine fundierte Grundlage zur weiteren Planung.

Das ESI hingegen geht einen neuen, stärker pädagogisch geprägten Weg: Es setzt auf Beziehung, Prozess und Selbstreflexion – und eröffnet damit mehr Raum für individuelle Entwicklungen, für Vielfalt und für Mitgestaltung. Es geht nicht mehr um die Einordnung von Fähigkeiten im Vergleich zu anderen, sondern darum, Jugendliche dabei zu unterstützen, ihre Potenziale selbst zu entdecken – im Einklang mit ihrer Persönlichkeit, ihrem Tempo und ihrer Lebenswelt. Beide Konzepte haben ihren Wert – das eine durch klare Struktur und Vergleichbarkeit, das andere durch pädagogische Tiefe, Flexibilität und Beteiligung.

From test to tool: The potential analysis becomes the Einstiegsinstrument (ESI)

The introduction of the entry-level instrument for career guidance (Einstiegsinstrument – ESI) in the state initiative ‘Kein Abschluss ohne Anschluss’ (KAoA) marks a fundamental change in school career guidance. What was previously established as a standardized procedure for recording individual abilities under the term potential analysis is now becoming a pedagogical concept that focuses on development support, self-reflection and process orientation.

But what exactly does this change mean – and what distinguishes a pedagogical concept from a psychological test procedure?

1. From measuring to accompanying: Not standardization, but individualization

A central feature of psychological test procedures is their standardization and normalization: results are set in relation to comparison groups, which enables objective statements to be made about performance, behaviour or abilities. This was also part of the previous potential analysis, which allowed conclusions to be drawn about fine motor skills, spatial thinking or team behavior, for example – often independently of the individual or social context.

In ESI, the focus is no longer on comparability or objective measurability, but on supporting individual learning and development processes. Instead of recording results in a standardized way, the focus is on personal experience, self-reflection and the examination of one’s own strengths and interests. The ESI creates space to respond to different group processes, dynamics and individual goals.

2. No “results” in the traditional sense – instead individual development paths

While the potential analysis aims to provide comparable test results – in the past in the form of a report and evaluation discussion – the ESI focuses on the development and reflection processes of the individual students. In both cases, the students learn something about their strengths and abilities and can take this knowledge home with them.

Thus, reflection replaces assessment. There are no right or wrong answers, but rather personal assessments, observations and impressions – collected in a group process that actively involves the students.

3. Paradigm shifts in observation

Observation continues to play a role in the ESI. While observations in the potential analysis served as a means of classification and evaluation, in the entry tool they become a source of inspiration for personal development: the young people receive feedback on their own experiences and actions – not in comparison, but with regard to their potential, interests and next steps.

Example: Whereas in the past, observers used to assess teamwork skills based on fixed behavioral indicators, the ESI focuses on how the young people experience themselves and their classmates in the group – and what they take away from this for themselves. The accompanying person also reports back their observations, which they document using a partially standardized observation sheet. These observations are part of the joint learning process.

Conclusion: Einstiegsinstrument – Two paths with a different focus – both with the aim of empowering young people

Both the previous potential analysis and the new entry tool (ESI) pursue a common goal: to support young people in their personal development and career orientation. However, they take different approaches.

With its standardized, diagnostic approach, the potential analysis provided important insights into individual strengths and development opportunities. It enabled an objective external view and provided young people with a sound basis for further planning.

The ESI, on the other hand, takes a new, more pedagogical approach: it focuses on relationships, process and self-reflection – and thus opens up more space for individual development, diversity and co-design. It is no longer about classifying abilities in comparison to others but about supporting young people in discovering their own potential – in harmony with their personality, their pace and their living environment. Both concepts have their value – one through clear structure and comparability, the other through pedagogical depth, flexibility and participation.

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